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Flirt- und Beziehungscodes

Flirt- und Beziehungscodes: Was hinter modernen Dating-Begriffen wie Floodlighting, Ghosting und Co. steckt

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Wenn Liebe zur Chiffre wird

In der Welt von Tinder, Instagram-DMs und Emojis hat sich nicht nur die Art verändert, wie Menschen flirten und Beziehungen eingehen – auch die Sprache, mit der über diese Beziehungen gesprochen wird, ist eine neue. Moderne Beziehungskommunikation gleicht einem Code-System: Begriffe wie Ghosting, Floodlighting, Love Bombing oder Breadcrumbing bestimmen die Diskurse in sozialen Netzwerken, Ratgeberportalen und sogar in der psychologischen Beratung. Sie bezeichnen komplexe Verhaltensweisen, die in klassischen Beziehungsmustern oft keinen Namen hatten, heute aber schnell identifizierbar sein sollen.

Was steckt hinter diesen neuen Begriffen? Wie helfen sie, moderne Beziehungsdynamiken zu entschlüsseln – und welche Risiken bergen sie? Ein Überblick über aktuelle Flirt- und Beziehungscodes liefert Orientierung in einer zunehmend vernetzten, aber auch unverbindlichen Dating-Kultur.

Aktuelle Trendbegriffe aus dem Dating-Slang

Floodlighting – Überemotionalisierung zu Beginn

Ein besonders aktueller Begriff, der im Jahr 2025 an Bedeutung gewonnen hat, ist Floodlighting. Der Begriff wurde ursprünglich von der amerikanischen Sozialwissenschaftlerin Brené Brown geprägt und beschreibt ein Verhalten, bei dem eine Person in der Frühphase eines Kennenlernens oder einer Beziehung übermäßige, tief persönliche und oftmals traumatische Informationen preisgibt. Ziel (bewusst oder unbewusst) ist es, schnell emotionale Nähe zu erzeugen – etwa durch das Teilen von Ängsten, Kindheitserfahrungen oder seelischen Krisen.

Laut aktuellen Umfragen berichten etwa 38 % der Singles davon, mit Floodlighting konfrontiert worden zu sein. Die Schattenseite: Der Partner oder die Partnerin wird unvorbereitet in eine therapeutisch anmutende Rolle gedrängt – das emotionale Gleichgewicht ist gestört. Wer zu schnell zu viel preisgibt, überspringt oft notwendige Vertrauensphasen. So entsteht keine echte Intimität, sondern eher eine „emotionale Falle“.

Throning – Beziehung aus Imagegründen

Ein weiteres Phänomen ist Throning. Hier geht es nicht um Gefühle, sondern um das Ansehen. Personen gehen eine Beziehung ein, weil sie glauben, dass die Partnerschaft ihnen sozialen Status verleiht. Das kann sich durch das gemeinsame Posten in sozialen Medien, durch das „Vorzeigen“ des Partners oder durch gezielte Auswahl besonders attraktiver, prominenter oder angesehener Personen äußern.

Throning steht für ein oberflächliches Beziehungsmodell, das auf Nutzen statt auf Verbindung basiert. Warnzeichen sind eine übermäßige Inszenierung in der Öffentlichkeit, auffälliger Mangel an echter Kommunikation oder das Gefühl, „ein Accessoire“ zu sein.

Hoodfishing – Fake-Authentizität

Etwas weniger bekannt, aber nicht minder relevant ist der Begriff Hoodfishing. Hierbei geben sich Menschen – besonders online – als jemand aus, der einem anderen sozialen oder kulturellen Milieu entstammt, als es tatsächlich der Fall ist. Ziel ist es, Authentizität zu simulieren oder einen cooleren, rougheren Eindruck zu erwecken. Oft wird dabei ein urbaner, street-orientierter Lebensstil imitiert.

Die Täuschung kann zu einer Vertrauenskrise führen, sobald klar wird, dass die Präsentation nicht der Realität entspricht. In einer Welt, in der „Echtheit“ hoch bewertet wird, wird Hoodfishing als besonders irritierend wahrgenommen.

Klassiker des Beziehungs-Slangs: Begriffe mit psychologischer Tiefe

Red Flag – Warnsignal für toxisches Verhalten

Der Begriff Red Flag ist aus der heutigen Beziehungskommunikation nicht mehr wegzudenken. Er steht für ein deutliches Warnzeichen, dass ein Verhalten problematisch, manipulativ oder toxisch sein könnte. Beispiele sind übermäßige Kontrolle, fehlende emotionale Verfügbarkeit, Eifersucht oder ständiges Gaslighting.

Red Flags dienen dazu, frühzeitig auf ungesunde Dynamiken aufmerksam zu machen – vor allem im Kontext von Dating-Apps, wo schnelle Entscheidungen notwendig sind. Eine oder mehrere Red Flags sollten ernst genommen werden, besonders wenn sie sich wiederholen.

Ghosting – Der lautlose Rückzug

Ghosting beschreibt das abrupte Beenden eines Kontakts, ohne Erklärung oder Ankündigung. Nachrichten bleiben unbeantwortet, der Kontakt verschwindet aus sozialen Medien, ohne dass vorher ein Konflikt oder ein Problem ersichtlich war.

Psychologen bezeichnen Ghosting als besonders schädlich, da es die betroffene Person mit offenen Fragen zurücklässt. Die emotionale Verarbeitung wird erschwert, da keine abschließende Kommunikation möglich ist. Ghosting ist oft Ausdruck von Konfliktvermeidung, kann aber auch als Machtinstrument genutzt werden.

Orbiting – Nähe vortäuschen ohne Kommunikation

Ein verwandtes Verhalten ist Orbiting: Die ghostende Person bleibt im digitalen Orbit – sie schaut Storys, liked Beiträge, antwortet aber nicht auf Nachrichten. Dieses Verhalten signalisiert ambivalente Absichten, führt bei der betroffenen Person aber zu Unsicherheit und psychischem Stress.

Gaslighting – Manipulation durch Zweifel

Gaslighting bezeichnet eine Form psychologischer Manipulation, bei der jemand die Wahrnehmung einer anderen Person systematisch in Frage stellt. Typische Sätze sind: „Das bildest du dir nur ein“ oder „Du übertreibst wieder maßlos.“ Ziel ist es, das Selbstvertrauen und die Wirklichkeitswahrnehmung der anderen Person zu untergraben.

Ursprünglich stammt der Begriff aus dem Theaterstück „Gas Light“ von 1938, wurde aber in den letzten Jahren zur Beschreibung toxischer Beziehungsmuster reaktiviert – insbesondere in narzisstischen Partnerschaften.

Love Bombing – Zuviel Liebe, zu früh

Beim Love Bombing wird die andere Person mit Komplimenten, Geschenken, Nachrichten und Liebesbekundungen überschüttet – meist direkt nach dem Kennenlernen. Ziel ist es, möglichst schnell emotionale Abhängigkeit zu erzeugen.

Problematisch wird es, wenn diese Anfangseuphorie in Desinteresse, Kritik oder Missbrauch umschlägt. Love Bombing ist eine oft unterschätzte Taktik narzisstischer Persönlichkeiten, um Kontrolle zu gewinnen.

Breadcrumbing – Beziehungshäppchen ohne Substanz

Wer breadcrumbed, gibt gerade so viel Aufmerksamkeit, dass Hoffnung entsteht – ohne je echtes Interesse an einer Beziehung zu zeigen. Das können sporadische Nachrichten sein, flüchtige Komplimente oder vage Zukunftsversprechen.

Breadcrumbing wird als manipulative Strategie gewertet, um jemanden „warmzuhalten“, obwohl kein echtes Engagement besteht.

Trauma Dumping – Ungefragtes Abkippen von Leid

Ein Begriff aus der psychologischen Beratung, der auch im Dating-Kontext an Relevanz gewinnt, ist Trauma Dumping. Darunter versteht man das unvermittelte, ungefragte Teilen tiefgreifender traumatischer Erfahrungen – etwa beim ersten Date.

Auch wenn Offenheit wichtig ist, wirkt Trauma Dumping oft überfordernd und unpassend. Es kann emotionale Belastung beim Gegenüber hervorrufen und ein Ungleichgewicht im Aufbau von Vertrauen erzeugen.

Future Faking – Das leere Versprechen

Future Faking bedeutet, einer anderen Person große gemeinsame Pläne (Urlaube, Heirat, Kinder) in Aussicht zu stellen, ohne diese wirklich umzusetzen. Es handelt sich um eine Form emotionaler Täuschung.

Das Problem: Wer sich auf solche Versprechen verlässt, investiert emotional – und erlebt tiefe Enttäuschung, wenn sich die Illusion nicht erfüllt.

Stonewalling & Benchwarming – Abwehr und Reservehaltung

Beim Stonewalling blockiert eine Person konsequent jede Form von Kommunikation – besonders bei Konflikten. Es ist eine toxische Vermeidungsstrategie, die zur Eskalation führt.

Benchwarming beschreibt wiederum das Phänomen, jemanden „auf der Ersatzbank“ zu halten – etwa durch gelegentliche Nachrichten, ohne Absicht, wirklich eine Beziehung einzugehen.

Warum Beziehungscodes wichtig sind

Die Vielzahl neuer Begriffe spiegelt die Komplexität moderner Beziehungen wider. In einer schnelllebigen, digitalen Welt fehlen oft klare Signale. Begriffe wie Ghosting oder Gaslighting schaffen eine Sprache, um schwierige Erfahrungen zu benennen – sie geben Menschen Macht zurück, ihre Realität einzuordnen.

Gleichzeitig bergen diese Begriffe auch die Gefahr der Überpathologisierung. Nicht jede Unsicherheit ist gleich Breadcrumbing, nicht jedes Schweigen ist Ghosting. Wichtig ist der bewusste Umgang mit Sprache – sie sollte beschreiben, nicht verurteilen.

Strategien im Umgang mit toxischen Codes

  • Selbstbeobachtung: Wie kommuniziere ich selbst – offen, respektvoll oder manipulativ?
  • Grenzen setzen: Wer Floodlighting erlebt, darf höflich auf Überforderung hinweisen.
  • Konfrontation wagen: Wer Ghosting erlebt, darf klärende Kommunikation einfordern – aber auch loslassen.
  • Professionelle Hilfe: Bei Gaslighting oder Love Bombing kann eine therapeutische Begleitung sinnvoll sein.

Beziehungskompetenz braucht Vokabular und Bewusstsein

Flirt- und Beziehungscodes helfen, soziale und emotionale Dynamiken zu entschlüsseln. Sie sind Ausdruck einer Kultur, die zunehmend reflektiert, wie Liebe, Bindung und Macht zusammenhängen. Wer diese Begriffe kennt, kann sich besser schützen, bewusster agieren – und empathischer mit anderen umgehen.

Am Ende bleibt die wichtigste Beziehung die zu sich selbst: Nur wer die eigenen Bedürfnisse kennt, kann auch klare, gesunde Grenzen im Umgang mit anderen setzen. Die neuen Codes sind dabei Werkzeuge – keine Etiketten.

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